newsletterder ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Buceriuswww.zeit-stiftung.deAm 18. Oktober 2009 wird „Siegfried“ in der Hamburgi-schen Staatsoper Premiere haben. Generalmusikdirek-torin Simone Young erläutert ihre Annäherung an die dritte Oper von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“. ZEIT-Stiftung: Kürzlich fragte ein Kritiker besorgt, ob „der Ring schon ausinszeniert sei, keinen neuen Les arten mehr ofen. Geht es zu End mit den ewigen Deutungen?“ Was antworten Sie?Simone Young: Jede Zeit und jede Generation stellt ihre eigenen Fragen an dieses unerschöpliche Gesamtkunst-werk. Es geht nicht darum, den „Ring“ immer wieder mit einem spektakulären Weltentwurf neu auf die Bühne zu bringen – diese Fragen können auch „leiser“ gestellt wer-den. Musikalisch fordert der „Ring“ stets neue Lesarten. Eine junge Sängergeneration wächst heran, die eigene Nuancen herausarbeitet. Mit Catherine Foster präsentie-ren wir die Brünnhilde der Zukunft, mit Christian Franz als Siegfried konnten wir einen extrem gestaltungsfreudigen Sänger gewinnen, der mit jeder Silbe des Textes intelligent umgeht.ZEIT-Stiftung: Im Oktober wird Premiere sein – was geben Sie preis von Ihrer „Siegfried“-Deutung?Simone Young: Viele der in den beiden ersten Teilen des „Ring“ gelegten Fäden werden im „Siegfried“ weitergespon-nen. Wir werden jetzt auch erfahren, dass Macht im Wissen liegt ...ZEIT-Stiftung: Wie sieht Ihre Annäherung an den „Siegfried“ aus, gerade im Zusammenklang mit Regis-seur und Bühnenbildner? Nr. 6 | Juli 2009„ Der ‚Ring’ ist nah an der Realität“ Simone Young im Gespräch über Richard Wagners „Siegfried“Simone Young: Claus Guth, Christian Schmidt und ich haben vor zwei Jahren sehr intensiv über die generelle Ausrichtung des Kon-zepts gesprochen, und vor ungefähr einem halben Jahr haben die beiden dann ihr Bühnenmodell für „Siegfried“ präsentiert. Ich kenne die Oper sehr gut und habe sie schon oft dirigiert. Nun gestalte ich die unverbrauchten Bilderwelten von Guth und Schmidt mit.ZEIT-Stiftung: Sie haben Wagners Original-Partitur in Bayreuth gesichtet – welche Impulse schöpfen Sie daraus? Simone Young: Die Aura des Originals ist unglaublich inspirie-rend. Stellen Sie sich vor: Sie sitzen in Bayreuth und dürfen Auto grafe, Briefe und Noten von Richard Wagner durchblättern – natürlich nur mit weißen Handschuhen! Das ist eine einmalige Erfahrung. Anhand der Eintragungen des Komponisten überarbeite ich das vorhandene Notenmaterial. Es gibt viele Nuancen in der Dynamik und im Tempo, die Wagner gewünscht hat, die aber in den gedruckten Noten nicht enthalten sind. Diese Angaben zu beachten, verleiht der Musik und der Balance zwischen Gesang und Orchester manchmal eine ganz andere Wirkung. Ich versuche, mit meiner Interpretation der Inten-tion Wagners möglichst nahe zu kommen.ZEIT-Stiftung: Der Hamburger „Ring“ wird von einem Education-Programm begleitet. Wie wichtig sind solche Programme, und ist der „Ring“ überhaupt etwas für junge Menschen heute?Simone Young: Wagners „Ring“ eignet sich durch seine spannen-de Geschichte ausgezeichnet für Jugendprojekte. Dank des Engage-ments der ZEIT-Stiftung haben wir für den „Ring“ ein umfangreiches Education-Programm entwickelt. Den „Ring“ in einem heutigen Um-feld, nicht in einem „mythologischen Ungefähr“ anzusiedeln, spricht Jugendliche an. Insbesondere der „Siegfried“ ist nah an der Realität: Der Held ist in der Pubertät, er verliebt sich zum ersten Mal und lehnt sich gegen sein „Elternhaus“ auf – das sind doch Alltagserfahrungen.KuNSt uND KultuR
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